Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsminister präsentieren radikale Kürzungsvorschläge zur Solarstromförderung - BSW-Solar protestiert gegen Solarausstiegsgesetz
Artikel vom: 23.02.2012
Am heutigen Mittag haben Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler einen gemeinsamen Vorschlag für kurzfristige Änderung der EEG-Solarstromförderung vorgestellt. Die Änderungen beinhalten neben einer drastischen einmaligen Kürzung der Vergütungssätze um 20 bis 32 Prozent zum 9. März zahlreiche weitere Kürzungen und Verschlechterungen der derzeit gesetzlich fixierten EEG-Solarstromförderung (Details siehe Zusammenstellung im Text weiter unten).
U.a. werden zukünftig im Rahmen eines sogenannten „Marktintegrationsmodells“ nur noch 85-90 Prozent der eingespeisten Kilowattstunden vergütungsfähig sein. Der darüber hinaus erzeugte Solarstrom muss ohne Vergütung bzw. weitere finanzielle Anreize selbst verbraucht oder an Dritte vermarktet werden. Alternativ werden diese Strommengen zu einem minimalen sogenannten „Marktwerkt“ auf Niveau der Großhandelsbörsenpreise (5-6 ct/kWh) vergütet.
Die Einmalabsenkung zum 9. März soll in der Höhe je nach Anlagengröße unterschiedlich ausfallen. Hierzu werden die Vergütungsklassen reduziert: Künftig sollen nur noch drei Vergütungsklassen bestehen (0 bis 10 kW, 10 bis 1 MWp, 1 MWp bis 10 MWp). Anlagen größer 10 MWp verlieren vollständig ihren Anspruch auf Vergütung. Die Vergütungssätze für diese Anlagenklassen sinken zum 9. März auf 19,5 bis 13,5 ct/kWh (derzeit 24,43 bis 17,98 ct/kW). Zusammen mit der „Deckelung“ der jährlich vergütungsfähigen Einspeisemenge führt dies in Summe zu einer Kürzung von bis zu 32 bis 39 Prozent.
Ab 1. Mai sollen diese neuen Vergütungssätze dann jeden Monat um einen festen Betrag in Höhe von 0,15 ct/kWh sinken. Die bisherigen marktabhängigen Vergütungsbestandteile entfallen künftig komplett. Eine wie bisher im Gesetz fixierte automatische marktabhängige Korrekturmöglichkeit soll daher nicht mehr bestehen. Über eine sogenannte Verordnungsermächtigung sollen die beiden Ministerien jedoch in Zukunft kurzfristig und ohne Zustimmung des Bundestages die Höhe der monatlichen Vergütungsabschläge oder die Höhe der Vergütung insgesamt ändern können. Dies soll in dem Fall erfolgen, wenn der bisherige Zubaukorridor von 2,5 bis 3,5 GW pro Jahr über- oder unterschritten wird. Der bestehende Zubaukorridor soll darüber hinaus nur noch für die Jahre 2012 und 2013 gelten. Ab 2014 soll er jährlich um 400 MW abgesenkt werden, sodass im Jahr 2017 nur noch ein Korridor von 900 bis 1.900 MW bestünde.
Der Gesetzentwurf soll in den kommenden Tagen den beiden Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag als Formulierungsvorlage übermittelt werden und direkt in die parlamentarische Beratungen gehen.
Der BSW-Solar hat heute gegenüber der Bundesregierung und der Öffentlichkeit aufs Schärfste gegen die vorgelegten Kürzungspläne protestiert (siehe auch BSW-Intern-Extra vom heutigen Vormittag und unsere Pressemitteilung unter www.solarwirtschaft.de). Mit diesem „Solarausstiegsgesetz“, so Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig, „steht nicht nur die Existenz von mehreren 10.000 Arbeitsplätzen auf dem Spiel“ sondern es droht auch „ein gewaltiger Rollback in der Umwelt- und Energiepolitik“.
Der BSW-Solar wird sich in den nun beginnenden parlamentarischen Beratungen für eine deutliche Abmilderung der Einschnitte der EEG-Solarförderung und für moderate Übergangsfristen einsetzen. Über weitere Details der geplanten EEG-Änderungen sowie neue Entwicklung wird BSW-Intern laufend und aktuell berichten.
Eckpunkte der geplanten Änderung im Überblick:
- Neue Vergütungsklassen: 0 - 10 kWp / 10 - 1.000 kWp / 1.000 kWp – 10 MWp
- Neue Vergütungssätze für diese Klassen gültig ab 9. März 2012: 19,5 ct / 16,5 ct / 13,5 ct (da das Gesetz voraussichtlich frühestens Mitte Mai im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, bedeutet dies ein rückwirkendes Inkrafttreten der Änderungen). • Ab 1. Mai 2012 feste monatliche Vergütungsabsenkungen (fortlaufend auch über 2012 hinaus): 0,15 ct/kWh monatlich für alle Anlagensegmente gleich. Somit keine automatischen marktabhängigen Korrekturen mehr.
- Mögliche weitere Anpassungen der Fördersätze/Korrekturmöglichkeiten: Eine sogenannte Verordnungsermächtigung soll Anpassungen der monatlichen Abschläge oder der Höhe der Vergütung nach oben oder unten ermöglichen, wenn der bisherige Korridor (2,5 - 3,5 GW) über- oder unterschritten wird. Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium sollen eine solche Verordnung ohne Beteiligung des Bundestages kurzfristig erlassen können.
- Absenkung des Zubaukorridors nach 2013: Der heutige jährliche Zubau-Korridor (2,5 – 3,5 GW) soll nur noch für 2012 und 2013 bestehen, danach soll er gesetzlich festgeschrieben um jährlich 400 MW heruntergesetzt werden.
- „Marktintegrationsmodell“ / Volllaststundenbegrenzung: Es werden für die genannten Vergütungsklassen jeweils nur noch 85% / 90% / 90% der erzeugten Kilowattstunden vergütet. Die Regelung soll ab 1. Januar 2013 für alle Anlagen gelten, die nach dem 9. März 2012 in Betrieb gehen.
- Keine Vergütung mehr für eigenverbrauchten Solarstrom.
- „Marktintegrationsmodell“: Strom kann weiter selbst verbraucht werden, alles was über die 85% bzw. 90% durch Einspeisevergütung gesicherten Ertragsgrenzen der PV-Anlagen dann noch hinaus erzeugt wird, kann optional: a) an Dritte verkauft werden (Direktvermarktung), hierfür wird es jedoch keine zusätzlichen Anreize geben (etwa die 2012 neu eingeführte „Marktprämie“ oder das „Grünstromprivileg“) oder b) zu einem durchschnittlichen „Marktwert Solar“, also dem durchschnittlichen Marktpreis an der Strombörse vergütet werden (Details hierzu noch unklar).
- Übergangsfrist für Änderungen (insbesondere relevant für Freiflächenanlagen): Anlagen müssen vor Inkrafttreten des Gesetzes (9.3.2012) einen beschlossenen Bebauungsplan haben (dieser Punkt ist noch unsicher, da Gesetzentwurf noch nicht vorliegt).
- Kaufmännische Inbetriebnahmen wird verschärft: Der Inbetriebnahmebegriff wird geändert, künftig muss für eine vergütungsrelevante Inbetriebnahme das stromerzeugende Modul fest installiert und mit einem Wechselrichter ausgestattet sein.
- Dachanlagen auf neu errichteten Nicht-Wohngebäuden im Außenbereich (v.a. landwirtschaftliche Gebäude) erhalten zukünftig nur noch die Freiflächenvergütung.