Aktuelles | 01.2022
Habeck kündigt Oster-Solar-Beschleunigungspaket an
Deutschlands neuer Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck hat gestern ins seiner „Klimaschutz-Eröffnungsbilanz“ angekündigt, noch vor Ostern einen Kabinettsbeschluss für ein „Solar-Beschleunigungspaket“ initiieren zu wollen und die Photovoltaik von allen Fesseln zu befreien. Er greift damit Forderungen des BSW auf. Dieser hatte in den letzten Monaten wiederholt Vertreter der Ampel-Koalition auch öffentlich aufgefordert, bereits in den ersten hundert Tagen nach der Regierungsbildung ein „Solar-Beschleunigungsgesetz“ zu besonders vordringlichen Vorhaben der Solarisierung vorzulegen und PV und Speicher umgehend zumindest von ihren größten Marktbarrieren zu befreien.
Habeck bekräftigte in der Pressekonferenz und gegenüber der Branche das im Koalitionsvertrag fixierte Vorhaben, die Photovoltaikleistung in Deutschland bis zum Jahr 2030 von derzeit knapp 60 GW auf rund 200 GW ausbauen zu wollen. Insgesamt müsse der Klimaschutz auch in anderen Bereichen um den Faktor 3 beschleunigt werden. Um den Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in den kommenden acht Jahren auf 80 Prozent nahezu zu verdoppeln, strebt Habeck in den kommenden Jahren folgenden PV-Zubaupfad an:
2022: ca. 7 GW, 2023: ca. 9 GW, 2024: ca. 13 GW, 2025: ca. 15,5 GW, 2026: ca. 17,5 GW, 2027: ca. 19 GW, 2028-2030: 20 GW/Jahr
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) stimmt dem Vernehmen nach mit dem BSW darin überein, dass der geplante PV-Zubau etwa hälftig über Gebäude und hälftig über ebenerdig errichtete Solarparks erfolgen soll.
Eine entsprechende Anpassung der Zielkorridore und Auktionsvolumen im EEG werde im Rahmen des geplanten Solar-Beschleunigungspaketes vorgenommen, so Habeck. Gelingt ein Kabinettsentwurf wie angestrebt vor Ostern, so könnten die Gesetzesänderungen mit etwas Glück noch in diesem Sommer in Kraft treten. Allerdings nehmen die anschließend notwendigen parlamentarischen Beratungen und die inzwischen erforderliche EU-Notifizierung der EEG-Novellen einige Monate Zeit in Anspruch. Unter Umständen besteht die Möglichkeit, Änderungen zum Teil rückwirkend in Kraft treten zu lassen, um Attentismus-Effekte im Markt zu dämpfen.
Im Rahmen des Osterpaketes soll es nach dem BSW vorliegenden Informationen zudem zu einer Reform des „Atmenden Deckels“ in den Paragrafen 48, 49 EEG kommen, deren Bedarf vom BSW auch 2021 aufgrund des zunehmenden Auseinanderfallens von Förderhöhe und Preisentwicklung wiederholt angemahnt wurde. Habecks Ziel scheint es dabei zu sein, für alle PV-Marktsegmente auch im Gebäude wieder attraktive Vergütungen und Marktprämien zur nachhaltigen Absicherung der Anlagen-Refinanzierung zu ermöglichen. Vermutlich wird in diesem Zusammenhang auch der BSW-Empfehlung entsprochen werden, die Auktionsgrenze als Fördervoraussetzung wieder deutlich anzuheben. Die EU macht dafür derzeit in ihren neuen EU-Beihilfeleitlinien den Weg frei (wir berichten im letzten BSW-Intern).
Die im Koalitionsvertrag verankerte Solarpflicht bei Gewerbe-Neubauten soll aller Voraussicht nach ebenso wie die Abschaffung der EEG-Umlage zur Refinanzierung des EEG zum 1.1.2023 erfolgen (Umstellung auf Haushaltsfinanzierung u.a. aus Einnahmen des Emissionshandels, wir berichteten).
Offen blieb bislang weiterhin, ob eine abgespeckte Solarpflicht auch für private Neubauten kommen soll. Wahrscheinlicher könnte es sein, dass es eher zu einer besseren Anrechenbarkeit der PV im Gebäudeenergiegesetz (GEG) kommen wird. Geplant werden vom BMWK auch Verbesserungen für Mieterstrom-Projekte, die ebenfalls noch nicht näher skizziert wurden.
Im BMWK-Osterpaket wird es voraussichtlich auch zu einer noch nicht weiter skizzierten Öffnung der Standortkulisse für neue PV-Freiflächenanlagen kommen. Ferner sei geplant, Genehmigungsprozesse dadurch zu beschleunigen, dass die Schutzgüterabwägung zugunsten Erneuerbarer Energien bzw. dem Klimaschutz geändert wird.
Dem vom Habeck gestern angekündigten Osterpaket soll noch in diesem Jahr auch ein „Sommer-Gesetzespaket“ folgen, welches voraussichtlich komplexere Themen wie eine Reform des Energiemarktdesigns adressieren wird bzw. Themen, die mehr Beratungszeit beanspruchen dürften wie z.B. eine Reform des GEG.
Der BSW befindet sich mit der neuen Bundesregierung im engen fachlichen Austausch zu den Klimaschutz-Sofortprogrammen und wird ihre Aktivitäten konstruktiv und wo nötig auch kritisch begleiten. Über wesentliche Erkenntnisse und Arbeitsfortschritte wird die BSW-Mitgliedschaft wie gewohnt zeitnah informiert.